Pionierleistung & Innovation: Gründung und Anfänge
1819
Ernst Wilhelm Arnoldis "Vorschläge zu Errichtung einer Feuerversicherungsbank für kaufmännische Warenlager, Kaufmannshäuser und Mobiliare derselben" erscheinen am 2. September 1819 im "Allgemeinen Anzeiger der Deutschen". Arnoldi erklärt hier das Prinzip der Gegenseitigkeit: Die Versicherten sollen gegenseitig für alle Schäden haften und die Bank gemeinsam beaufsichtigen. Sechzehn Gothaer Kaufleute haben den Aufsatz unterzeichnet und wollen die Idee verbreiten.
1820
"Plan der Feuer-Versicherungs-Bank für den deutschen Handelsstand"
Arnoldis Idee einer deutschen Feuerversicherung findet in Thüringen zahlreiche Unterstützer. Arnoldi baut die Kaufmannschaften der fünf thüringischen Nachbarstädte Gotha, Erfurt, Eisenach, Langensalza und Arnstadt als repräsentative Vertretung aller versicherten Kaufleute in die "Verfassung" seiner Bank ein: In den Städten werden "Bankausschüsse" gewählt, deren "Vorsteher" den Gesamtvorstand bilden.
Dieser beschließt am 2. Juli 1820 einstimmig den "Plan der Feuer-Versicherungs-Bank für den deutschen Handelsstand". Arnoldi wird "Bankdirector" auf Lebenszeit und ist als solcher auch Vorsitzender des obersten Organs aus Vorstand und Ausschüssen. Sitz der Bank ist das Haus der Innungshalle im Zentrum Gothas, Geschäftseröffnung ist am 1. Januar 1821.
Trotz weiterer Überarbeitungen bis September bleibt das Datum der "Verfassung" unverändert und gilt seither als Gründungstag der Gothaer Feuerversicherung, die den Grundstein des heutigen Gothaer Konzerns bildet.
1823
"Jeder Versicherte als Actionär"
"… die ihres Hauptes beraubte Familie gegen Mangel zu sichern, das eigene Gemüth aber von der Qual zu befreien, welche der Gedanke an einen frühzeitigen Tod bei unerzogenen Kindern und der Vermögensunzulänglichkeit der Witwe mit sich führt…"
Arnoldi, Denkschrift im September 1823
Die Idee zu einer Lebensversicherung umreißt Ernst Wilhelm Arnoldi erstmals im September 1823 in einer Denkschrift. Wie die Feuerversicherung soll auch die Lebensversicherung nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit aufgebaut sein.
1827 erhält Arnoldi Post von dem Weimarer Obermedizinalrat und Verleger Dr. Ludwig Friedrich von Froriep. Der hat soeben ein Buch des englischen Mathematikers Charles Babbage in deutscher Übersetzung herausgegeben: "Vergleichende Darstellung der verschiedenen Lebens-Assekuranz-Gesellschaften". Diese kritische Analyse der Lebensversicherung in England liefert Arnoldi wichtige Erkenntnisse: mathematische Grundlagen aus der Lebensversicherungspraxis, Tabellen, Sterbetafeln.
Arnoldi stellt damit seine Lebensversicherung auf ein wissenschaftliches Fundament. An seiner Seite sind sachkundige Berater wie Carl August Becker, der bereits bei englischen Lebensversicherungen gearbeitet hat, der Legationsrat Adolph Stieler sowie der Buchhalter der Feuer-Versicherungs-Bank Carl Abraham Scheibner.
1827
"Mit Vergnügen"
"Sollte das Unternehmen vollkommen gelingen,
so muß ich mich für einen Auserwählten,
für einen glücklichen Menschen schätzen;
Denn welches Glück ist größer, als das, zu beglücken?“
Arnoldi an einen Freund, August 1827
Seinen "Plan zur Errichtung einer Lebensversicherungsbank für Deutschland" reicht Arnoldi am 1. Juli 1827 beim regierenden Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha ein. Als Mitbegründer unterzeichnet haben den Plan auch der Weimarer Obermedizinalrat Dr. von Froriep sowie der Chemiker und Apotheker Johann Bartholomäus Trommsdorff aus Erfurt, mit denen Arnoldi seinen Entwurf wiederholt bespricht.
Der Herzog ist geradezu entzückt von Arnoldis Vorhaben und antwortet schnell: Eine solche Anstalt sei "in jeder Hinsicht Bedürfnis". Er genehmigt die öffentliche Bekanntmachung des Plans und das Unternehmen "mit Vergnügen" und versichert den Gründer Arnoldi seiner besonderen Wertschätzung. Sein Schreiben vom 9. Juli 1827 wird das Gründungsdatum der "Lebensversicherungsbank für Deutschland", der heutigen Lebensversicherung der Gothaer.
1829
"Monatsblätter für die Herren Vertrauensärzte der Lebensversicherungsbank für Deutschland zu Gotha"
Lebensversicherungen sind bei der Gründung der Gothaer zunächst eine reine Todesfallabsicherung zur Versorgung der Hinterbliebenen. Von Arnoldis Nachfolger Gustav Hopf, der bis 1872 Generaldirektor der Lebensversicherungsbank ist, stammt das gemischte Modell aus Todes- und Erlebensfall-Versicherung, das bis weit ins 20. Jahrhundert ein wahrer "Renner" auf dem Markt der Lebensversicherungen bleibt.
Als die Lebensversicherung in Gotha 1829 ihren Betrieb aufnimmt, untersuchen Hausärzte diejenigen, die einen Versicherungsantrag stellen. 1839 stellt die Gothaer dafür Vertrauensärzte ein. Um sie mit medizinischen und statistischen Erkenntnissen der Lebensversicherungsbank vertraut zu machen, gibt Arwed Emminghaus, der nach Gustav Hopf Generaldirektor wird, seit 1886 die "Monatsblätter für die Herren Vertrauensärzte der Lebensversicherungsbank für Deutschland zu Gotha" heraus. Sie werden 1910 vom Verband deutscher Lebensversicherungsgesellschaften übernommen und sind ein wichtiger Beitrag für einen neuen Zweig der Versicherungswissenschaft, die Versicherungsmedizin.
1832
Eine zukunftsweisende Neuerung für mehr Kundenfreundlichkeit führt die Lebensversicherungsbank 1832 ein: Will ein Versicherungsnehmer seine Versicherung kündigen, so erhält er nun eine Entschädigung für die bereits gezahlten Beiträge. Das ist der Anfang des Rückkaufsrechts.
Gleichzeitig eröffnet die Gothaer die Option auf einen Vorschuss auf die Versicherungssumme. Dieser muss zwar verzinst werden, macht den Versicherten aber wieder liquide und erleichtert damit den Entschluss, die Versicherung fortzuführen.