Interview

Nicht Perfektionismus, sondern Transparenz

Warum Maklerinnen und Makler mit ihrer Kundschaft jetzt über Nachhaltigkeit sprechen sollten: Vegan essen, E-Auto fahren, Tegernsee statt Thailand – immer mehr Menschen versuchen, nachhaltiger zu leben.

Welches Vertriebspotenzial steckt im neuen grünen Bewusstsein? Svetlana Thaller-Honold, Leiterin des Nachhaltigkeitsmanagements, klärt auf.

Die Leute legen in ihrem Alltag immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit. Wie können sich das Maklerinnen oder Makler zu Nutze machen?

Sie sollten das erst einmal als neue Lebenswirklichkeit ihrer Kunden wahrnehmen – und dann darüber ins Gespräch kommen. Und zwar nicht nur im klassischen Verkaufsstil, sondern auch auf einer Beziehungsebene. Oft muss man aber erstmal aufzeigen, wie Versicherungen und Nachhaltigkeit zusammenhängen. Das ist vielen nicht bewusst.

Was verbindet Nachhaltigkeit mit Versicherungen?

Der größte Hebel ist die Kapitalanlage. Versicherungen können entscheiden: Investiere ich in nachhaltigere oder weniger nachhaltige Unternehmen? Da legen wir klar den Fokus auf Ersteres. Wenn wir auf die Versicherungsprodukte schauen, folgen auch diese inzwischen mehreren nachhaltigen Grundsätzen.

Zum einen: Der ökologischste Schaden ist der, der gar nicht erst entsteht. Deshalb unterstützen wir unsere Kundinnen und Kunden dabei, ihr Hab und Gut zu schützen, damit sie möglichst lange etwas davon haben. Zum anderen gilt: Reparieren ist besser als Ersetzen. Und schließlich haben wir Produkte mitversichert, die helfen, Ressourcen zu schonen und Emissionen zu reduzieren wie PV-Anlagen, Wallboxen oder Wärmepumpen.

Gibt es Kundenkreise, die auf Nachhaltigkeitsthemen besonders anspringen?

Vielen jungen Menschen ist Nachhaltigkeit sehr wichtig. Dann gibt es auch bestimmte Lebensphasen, zum Beispiel in der Phase der Familiengründung, in der sich Kundinnen und Kunden Gedanken darüber machen, in welcher Welt die eigenen Kinder mal leben sollen. Oft merkt man aber auch einfach, dass da ein Interesse besteht, zum Beispiel weil ein Kunde mit dem Rad zum Gespräch kommt.

Können Nachhaltigkeitsaspekte für eine Versicherung auch ein echtes Verkaufsargument sein?

Ich denke schon. Wenn man sich als Versicherer ehrlich auf den Weg macht, nachhaltiger zu werden, und diesen Prozess transparent kommuniziert, kann das viel zur Sympathie und damit zur Kundenbindung beitragen.

Manche Versicherer haben ihre klassischen Produkte und daneben noch das gleiche Produkt in grün. Ihr integriert Nachhaltigkeit in eure klassischen Produkte. Warum dieser Weg?

Wir wollten den Kunden gar nicht erst vor die Wahl stellen: nachhaltig oder nicht? Nachhaltigkeit sollte selbstverständlich mitgedacht sein. Das ist für uns auch eine Frage der Glaubwürdigkeit. Inzwischen denke ich aber, dass wir das Grüne in den Produkten fast etwas zu sehr versteckt haben und mehr auf die Nachhaltigkeitsaspekte aufmerksam machen sollten. Daher braucht es den Vermittler, der aktiv auf diese Aspekte hinweist.

In welche Fallen kann man bei Nachhaltigkeitsthemen im Vertrieb tappen?

In die, nicht authentisch zu sein! Den Diesel-SUV heimlich um die Ecke parken und dann mit meinem Kunden über Nachhaltigkeit sprechen – das wird schnell durchschaut. Es geht aber auch nicht darum, perfekt zu sein – weder als Mensch noch als Versicherer. Auch unsere Produkte sind aus Nachhaltigkeitssicht nicht perfekt und das sollten Vermittlerinnen und Vermittler auch immer offen kommunizieren. Das Thema lebt nicht von Perfektionismus, sondern von Transparenz. So kann eine ganz neue Nähe entstehen.